„Sie werden laufend alt!“

„Ich bin 1956 in der Westprignitz geboren. Ich hatte eine unbeschwerte Kindheit, war durch meine Erkrankung noch nicht eingeschränkt (nur im Sportunterricht war ich nicht gerade die Beste). Erst 1975 wurde bei mir, in der Nervenklinik in Schwerin progressive Muskeldystrophie festgestellt. Doch ‚das betraf mich ja nicht‘, mir ging es ja gut und ich hatte weiter keine Einschränkungen, ich habe es so gut wie möglich verdrängt. Wenn ich von meiner Erkrankung sprach, war ja nicht ich die Betroffene, sondern jemand anderer. Nichts desto trotz suchte ich verschiedene Ärzte auf, war immer in der Charité in Behandlung auch bei anderen Ärzten im Umland. 1988 nahm ich dann Kontakt mit der Klinik in Freiburg auf. Der Professor riet mir, Kalbsbries zu essen, konnte mich dazu aber nicht überwinden (hätte sicher auch nicht den gewünschten Erfolg). September 1989 bin ich dann nach Bonn zu Dr. Jerusalem gefahren (war bereits seit Mai 1988 berentet, wurde mir förmlich aufgedrängt), leider weiß ich nicht mehr viel von diesem Gespräch. Nur eines, er sagte ‚Sie werden laufend alt‘. 1993 sah ich mich dann das erste Mal auf Video, ich habe mich nicht erkannt, es brach eine Welt zusammen, bis dato hatte ich meine Erkrankung ja erfolgreich verdrängt. Mittlerweile ging es mir auch nicht mehr so gut, konnte nicht mehr ausdauernd Laufen, Treppen steigen usw. Habe aber immer noch voll im Café meines Mannes mitgearbeitet. Mit dem Umzug von Berlin nach Schwerin (lebte von 1978 - 1999 in Berlin) ging es drastisch bergab. Trotz der intensiven Physiotherapie seit ca. 28 Jahren (KG, Schwimmen, Ergo usw.) konnte ich die Erkrankung nicht stoppen. Doch wer weiß, vielleicht aber doch verlangsamen. September 2003 wurde in der Charité der Typ FSHD bei mir diagnostiziert. Heute bin ich erheblich eingeschränkt, laufe sehr unsicher, Treppen steigen geht nur noch bedingt und mit großem Kraftaufwand. Die Kraft fehlt mir auch in den Armen, Beinen, Händen usw. Den Alltag bewältige ich noch weitestgehend alleine, durchs Auto bin ich noch beweglich, fahre regelmäßig nach Berlin (die Stadt fehlt mir sehr). Auch zur Kur fahre ich alle 2 Jahre (bis jetzt), es tut mir immer sehr gut. Ich freue mich sehr, dass es die FSHD - Gruppe jetzt gibt, dort können wir unsere Erfahrungen austauschen und uns gegenseitig unterstützen.“